Weihnachten steht vor der Türe und was könnte schöner sein, als die Vorweihnachtszeit mit den besten Weihnachtsalben aller Zeiten zu zelebrieren? In diesem Artikel geht es um die besten Werke der 1960er Jahre. Gerade in diesem Jahrzehnt, aber auch in den 1950er Jahren, entstanden viele großartige Klassiker, die noch heute sehr oft gespielt werden und das ein oder andere Weihnachtsalbum der Neuzeit beeinflusst haben. Michael Bublé, Kylie Minogue oder selbst Helene Fischer werden euch das sicher bestätigen können. Für mich persönlich versprühen gerade diese alten Weihnachtsalben einen besonderen, nostalgischen Zauber, um diese Jahreszeit perfekt zu untermalen.
11. The Supremes – „Merry Christmas“ (1965)
Motown ließ auf dem Höhepunkt seines Erfolges nur die allergrößten Stars des Hauses Weihnachtsalben aufnehmen. Selbst Marvin Gaye oder die Four Tops durften nicht ran oder mussten Jahrzehnte warten, bis es endlich soweit war. Die Supremes durften im Grunde auch nicht ran, denn das Album ist ein kleiner, charmanter Etikettenschwindel. Mary Wilson und Florence Ballard grinsen uns zwar auf dem Cover und den PR-Fotos mit Weihnachtskleidchen und Bommelmützen entgegen, doch singen durfte nur Diana Ross. Begleitet wurde sie von den Andantes, den wichtigsten Backgroundsängerinnen bei Motown. Ross trällert neben den üblichen Klassikern die erste kommerziell veröffentlichte Komposition von Jimmy Webb („My Christmas Tree“) sowie die eigens von Motown-Songwritern geschriebenen Titel „Children’s Christmas Song“ (Kitsch hoch 100) und „Twinkle Twinkle Little Me“, die als einzige Single-Auskopplung die damaligen Weihnachtscharts erreichten. „Merry Christmas“ war übrigens erst das zweite Weihnachtsalbum von Motown: das erste erschien 1963 mit „Christmas with the Miracles“.
10. The Beach Boys – „The Beach Boys’ Christmas Album“ (1964)
Die Beach Boys bringen richtig Schwung und den Sommer in die vorweihnachtliche Hütte. Mit „Little Saint Nick“ schufen die Jungs einen ganz eigenen Weihnachtsklassiker im Surf-Rock-Stil. Auch die Eigenkomposition „The Man with All the Toys“ mauserte sich zum Evergreen. Inspiriert wurde das Album mit fünf Originalen – Seite A – und sieben Cover-Versionen wie „White Christmas“ – Seite B – von „Phil Spector’s A Christmas Gift for You“, dessen Aufnahmen Brian Wilson 1963 beigewohnt hatte. Echte Fans legen sich übrigens die Kompilation „Christmas with the Beach Boys“ zu, denn hier gibt es u. a. noch bis dahin unveröffentlichte Titel aus einem von der Plattenfirma abgelehnten Weihnachtsalbum von 1977 dazu. Kostprobe: „’Cause loop de loop flip flop Santa’s got an airplane“.
09. Doris Day – „The Doris Day Christmas Album“ (1964)
Die keimfreie Mrs. Perfect der 40er und 50er Jahre war 1964 bereits im Winter ihrer Gesangskarriere angelangt. Kein Wunder, dass sie sich entschloss, ein kuscheliges Weihnachtsalbum aufzunehmen. Es konnte ja keiner ahnen, dass danach überhaupt nur noch eine Handvoll Alben von ihr folgen sollten. Dafür singt sich die Day noch einmal butterweich durch einen bunten, wärmenden Mix der klassischsten Weihnachtsstandards, darunter Highlights wie „Silver Bells“, geschrieben von Jay Livingston und Ray Evans, die auch schon „Whatever Will Be, Will Be (Que Sera, Sera)“ für Day verantworteten. Days Versionen von „I’ll Be Home for Christmas“ oder „Winter Wonderland“ gehören zu den meistgespielten dieser Klassiker. Die heutzutage erhältliche CD-Version des Albums enthält übrigens drei sehr hörenswerte Bonus-Titel, darunter der einzige noch im Archiv gefundene Song eines bereits für 1959 geplanten Weihnachtswerkes, „Deck the Hall with Boughs of Holly“.
08. Johnny Mathis – „Sounds of Christmas“ (1963)
Johnny Mathis ist neben Perry Como oder Andy Williams wohl DER Weihnachtssänger der USA. Insgesamt hat er bereits sechs reguläre Alben mit Weihnachtsstandards aufgenommen, dazu kommen noch unzählige Compilations, die jedes Jahr wie Pilze aus dem zugefrorenen Boden sprießen. Mathis‘ Klassiker bleibt natürlich sein erstes Weihnachtsalbum von 1958, „Merry Christmas“, allerdings kann sich auch sein zweites, „Sounds of Christmas“, mit seinen üppigen Streicherarrangements hören lassen. Mit diesem vom legendären Don Costa produzierten Werk gab er sein Debüt bei der Plattenfirma Mercury. Welcher Künstler singt zum Einstand schon Weihnachtslieder? Mathis durfte das, entsprechend beseelt und kraftvoll singt er sich durch einen stilvollen Mix aus traditionellen Weihnachtsliedern, klassischen Stücken und seinerzeit neuen Titeln der winterlichen Saison. So verausgabt sich Mathis am Schluss aufs Vortrefflichste bei Händels „Hallelujah Chorus“. Überaus amüsant auch die weniger bekannte Komposition „Have Reindeer, Will Travel“ oder eine besonders schöne Version von „The Little Drummer Boy“. Die letzten beiden Titel wurden bei späteren Wiederveröffentlichungen aus unbekannten Gründen weggelassen. Sie tauchten erst in den letzten Jahren im Rahmen von kompletten Mathis-Werkschauen wieder auf.
07. The Kingston Trio – „The Last Month of the Year“ (1960)
Das Folk-Revival der 1950er Jahre führte ohne Zweifel das Kingston Trio an – noch bevor Bob Dylan seine Gitarre in einen Verstärker steckte. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von „The Last Month of the Year“ hatte das Trio locker fünf Alben an der Chartspitze der USA platziert. Außerdem war es für 15 Prozent der gesamten Umsätze (!) bei Capitol Records verantwortlich. Die Musik des Kingston Trios gilt als unkompliziert und kommerziell. Dagegen war das vorliegende Weihnachtsalbum schon recht komplex und verlangte viel Aufwand im Studio. Wochenlang wurde an der Musik und den himmlischen Harmonien von Dave Guard, Bob Shane und Nick Reynolds gefeilt. Im Gegensatz zu den meisten Künstlern der damaligen Zeit wählte das Kingston Trio weniger bekannte geistliche Lieder, amerikanische „Carols“ und britische Folk-Stücke aus mehreren Jahrhunderten. Für Weihnachtsalben ungewöhnliche Instrumente wie die Bouzouki oder Bongos sorgen für besondere Akzente. Trotzdem war das Album kein großer Erfolg und soll laut Reynolds von Capitol Records schnell vom Markt genommen worden sein. Besonders witzig, das Cover: Das Trio beschenkt sich gegenseitig mit einem „Wet Willy“!
06. June Christy – „This Time of Year“ (1961)
Dieses Juwel von einem Album war nicht nur für das Jahr 1961 äußerst ungewöhnlich. Ähnlich wie das Kingston Trio legte die unterbewertete Cool-Jazz-Sängerin June Christy, die wie ihre wesentlich bekannteren Kolleginnen Peggy Lee und Julie London lange Jahre bei Capitol Records unter Vertrag stand, großen Wert darauf, nicht die üblichen Weihnachtsklassiker singen zu dürfen. Stattdessen nahm sie ausnahmslos neue Kompositionen vom Autorenduo und Ehepaar Connie Pearce und Arnold Miller auf. Sie verzichtete außerdem auf den üblichen Glöckchenkitsch und wählte obendrein Texte aus, die nicht nur nachdenklich stimmen, sondern auch noch nach den Feiertagen spielbar sein sollten. Einsamkeit an Weihnachten ist hier ebenso ein Thema, wie unerfüllte Träume oder Abschiedsschmerz. Dazu glänzen die zurückhaltenden Arrangements von Pete Rugolo, der für Christy ungefähr das was Nelson Riddle für Frank Sinatra war. Das mit Abstand berühmteste Lied des Albums ist sicherlich das hoffnungsvolle „The Merriest“, das seinen Weg auf zahllose Weihnachtskompilationen gefunden hat und mittlerweile sogar als Christies bekanntestes Lied überhaupt gilt.
05. Various Artists – „A Christmas Gift for You (from Phil Spector)“ (1963)
Welches Weihnachtsalbum hat als einziges den Weg auf „die besten Alben aller Zeiten“-Liste vom Fachblatt „Rolling Stone“ gefunden? Richtig, diese Kompilation, die vom im wahrsten Sinne des Wortes wahnsinnigen „Wall of Sound“-Produzenten Phil Spector zusammengestellt wurde. Der war 1963 noch klar im Kopf und schuf ein wahres Meisterwerk der Weihnachtszeit, das in zahllosen Abstimmungen oft als „bestes Weihnachtsalbum“ überhaupt genannt wird. Spector holte sich für sein ehrgeiziges, vom R&B geprägtes Projekt ausnahmslos seine damaligen Schützlinge ins Studio: die äußerst hippen Girl Groups The Ronettes und The Crystals sowie die heute so gut wie vergessene Combo Bob B. Soxx & the Blue Jeans. Abgerundet wurde das Ensemble von der stimmgewaltigen Allzweckwaffe Darlene Love, die für die anderen Acts sowohl die Lead-Stimme – sie ist DIE Stimme von „He’s a Rebel“ – als auch im Background singen durfte. Bei den Studiomusikern war u. a. Sonny Bono, Chers Ex, dabei. Das Album erschien am 22. November 1963 – am Tag der Ermordung von John F. Kennedy – und war vielleicht auch deshalb erstmal nur ein bescheidener Erfolg. Etliche Wiederveröffentlichungen später – insbesondere jene auf dem Beatles-Label Apple im Jahre 1972 – wurde die bombastische Song-Sammlung mit Highlights wie „Rudolph, the Red-Nosed Reindeer“ oder dem oft gecoverten Spector-Original „Christmas (Baby Please Come Home)“ zum Klassiker, an dem sich viele andere Weihnachtsalben messen mussten.
04. Vince Guaraldi Trio – „A Charlie Brown Christmas“ (1965)
Das gleichnamige Fernsehspecial aus dem Jahre 1965 gehört zu den ganz großen Klassikern des US-Fernsehens und feiert 2015 seinen 50. Geburtstag mit einer zweistündigen Sondersendung beim Sender ABC. Der Soundtrack dürfte mit über drei Millionen verkaufter Platten alleine in den USA zu den erfolgreichsten Jazz-Alben überhaupt gehören. Die Mischung aus traditioneller Weihnachtsmusik und Cool Jazz war mit Abstand der größte Erfolg für Guaraldi, der vor- und nachher noch weitere Musik für die Peanuts aufnahm, die ebenfalls sehr hörenswert ist. Das Album startet ein bisschen wie bei einer braven Schulaufführung: „O Tannenbaum“ mit Guaraldi am Piano klingt in der ersten halben Minute kreuzbrav, bevor der Meister den deutschen Weihnachtsklassiker in einen coolen Jazz-Titel verwandelt. Ganz stark auch Monty Budwig am Kontrabass. „The Little Drummer Boy“, hier „My Little Drum“ genannt, klang selten so spannungsgeladen, die Eigenkompositionen von Guaraldi, „Christmas Time Is Here“ und „Linus and Lucy“, sind grandios und bei dem sonst eher gefühlsduseligen „Greensleaves“ kommt echte Bar-Atmosphäre auf. Insgesamt ein Meisterwerk, das sich seine Zeitlosigkeit bewahrt hat.
03. Peggy Lee – „Christmas Carousel“ (1960)
Bei Peggy Lees Weihnachtsalbum ging es deutlich klassischer zu, aber ihre unnachahmlich coole Art zu singen macht dieses Werk zum Ereignis. Arrangeur Billy May entstaubte für La Lee Traditionals wie „Deck the Halls“ und „Jingle Bells“, aber auch Weihnachtslieder aus dem „Great American Songbook“ wie „White Christmas“ oder „The Christmas Song“. Lee, die als Songschreiberin stets unterschätzt wurde, steuerte feine Eigenkompositionen wie „Don’t Forget to Feed the Reindeer“, „The Christmas List“ oder den Titelsong „Christmas Carousel“ bei. Von cool bis edel bis hin zum absoluten Kitsch ist auf „Christmas Carousel“ alles vertreten. Vor- und nachher veröffentlichte Lee viele weitere Weihnachtslieder. Diese wurden über die Jahre mit den Stücken des vorliegenden Albums wiederveröffentlicht, entsprechend verwirrend sind die CD-Ausgaben von Lees Festtagsaufnahmen. Fans sollten sich u. a. den wunderschönen Titel „Happy Holiday“ von 1965 sowie das herrlich schräge „Toys for Tots“ aus dem Jahre 1956 merken. Letzterer Titel wurde nach dem Hilfsprogramm für Kinder, deren Eltern sich keine Geschenke leisten können, benannt. Bizarr: Die Lee singt mit Chipmunks-ähnlichen Stimmen!
02. Barbra Streisand – „A Christmas Album“ (1967)
Unter dem Weihnachtsbaum darf natürlich auch nicht das ganz große Diven-Drama fehlen: Keine verkörpert das so gut wie Barbra Streisand. Schon beim rasant gesungenen Eröffnungssong „Jingle Bells“, in der Titelliste mit einem ironischen Fragezeichen versehen, gibt es das ganz große Drama am Rande zur Hysterie. Vielleicht lag es daran, dass sie während der Aufnahmen schwanger mit ihrem Sohn Jason war. Ganz so feurig geht es am winterlichen Kamin leider nicht weiter, dafür singt die Streisand so besinnlich wie selten. Das Konzept war schlicht: In der ersten Hälfte trällert die Diva populäre Klassiker, arrangiert von Marty Paich, später folgen die religiösen Aufnahmen mit Ray Ellis. Unnützes Wissen für Sammler: Fast 40 Jahre verstaubte eine englischsprachige Version von „Ave Maria“ in den Archiven. Diese Fassung wurde erst für eine Kompilation des Kaffeerösters Starbucks ausgegraben. Ein Novum, denn sonst lizensiert Streisands Plattenfirma Columbia so gut wie nie einen ihrer Songs. Bis heute gab es fünf Mal Platin für „ A Christmas Album“. Es gehört damit nicht nur zu den erfolgreichsten Streisand-Werken überhaupt, sondern auch zu den großen Bestsellern der Weihnachtssaison. Bemerkenswert: Das Cover mit einer Aufnahme von den Proben zu „A Happening in Central Park“ – die Streisand trägt eine üppige Perücke und wurde mit einem schlichten, aber eleganten Lichtkegel ins rechte Licht gerückt.
01. Ella Fitzgerald – „Ella Wishes You a Swinging Christmas“ (1960)
Das Weihnachtsfest wäre für mich nur halb so schön, wenn nicht mindestens einmal in der Saison dieses großartige Jazz-Meisterwerk laufen würde. Der Titel ist Programm: Es swingt an allen Ecken und Enden! Als Meistersängerin des „Great American Songbooks“ griff Ella bis auf Count Basies „Good Morning Blues“ nur auf seinerzeit noch gar nicht so alte Lieder des besagten Kanons zurück. Insbesondere die schnelleren Swing-Stücke wie „Jingle Bells“, „Sleigh Ride“, „Rudolph, the Red-Nosed Reindeer“ oder „Santa Claus Is Coming to Town“ klingen auch heute noch erstaunlich frisch und unverbraucht, was vor allen Dingen an Ellas einmaliger, leichtfüßiger Interpretation liegt. Die Frau hatte eben ein unnachahmliches Gespür für Timing. Das Album erschien auf dem Höhepunkt von Ellas künstlerischem Schaffen. Zwischen 1956 und 1964 brillierte sie auf dem Label Verve mit der legendären Reihe von Songbooks, die sie unsterblich machten. 1967 entstand ein weiteres, sehr viel andächtigeres Weihnachtsalbum von Ella: „Ella Fitzgerald’s Christmas“.
Wer nun alle Weihnachtsalben einmal anhören möchte, kann dies unter anderem über meine Playlist „Die 11 besten Weihnachtsalben der 1960er Jahre“ bei Spotify tun. Viel Spaß dabei!